Ein neuer aus Tübingen

Hallo,
mein Name ist Maximilian und in zehn Tagen kann ich meine 2014er S1000RR abholen. Insofern gehöre ich noch nicht ganz dazu, aber die Vorfreude ist größer als jemals an Weihnachten
Mein Zweiradhintergrund ist dieser: Mit 14 oder 15, wir haben damals in Italien gelebt, hatte ich ein 50er-Mokick, das man damals ab 14 ohne Führerschein oder sonstige Auflagen fahren durfte. Mit 16 hätte man 125er fahren dürfen, aber dagegen habe meine Eltern ihr Veto eingelegt. Ich kam dann nach Deutschland zurück und hatte anderes zu tun als Motorrad zu fahren, meinen italienischen Motorradführerschein habe ich verfallen lassen und nur den Autoteil umgeschrieben. Mit ungefähr 30 habe ich dann, getrieben von der Parkplatznot in Stuttgart West, wo wir damals lebten, doch noch den Motorradführerschein gemacht. Mit dem Ziel, anschließend einen ordentlich motorisierten Roller, 250er oder so („Honda Helix“ war einer von denen, die ich mir vorstellen konnte), zu kaufen, um damit zur Arbeit zu fahren ohne bei der Rückkehr 20 Minuten um den Block fahren zu müssen, um einen Parkplatz zu finden.
In der Fahrschule fuhr ich dann eine 500er oder 600er Suzuki und der Roller war schnell vergessen. Wenn, dann schon ein Motorrad. Weil ich ursprünglich aus Bayern komme, hat der Name dieses Landes für mich keine abschreckende Wirkung, weswegen ich mir eine BMW 650 „Funduro“ gekauft habe. Als Alltagsmotorrad, zur Arbeit, zum Sport, aus Freude am Fahren. Die ist inzwischen 31 und hat mit mir fast 150.000 km absolviert und ich habe sie immer noch. Und fahre sie immer noch. Gerne sogar. In den letzten zwei Jahren weniger, weil wir da ein Elektroauto gekauft haben, was zur Hälfte der Kosten der F650 fährt. Motorradfahren ist seit damals leider ein teurer Luxus geworden, den man vor sich selbst, ich zumindest, irgendwie rechtfertigen muss.
Aus eher zufälligen Gründen habe ich mich seit ein paar Monaten wieder intensiver mit dem Thema Motorrad beschäftigt und bin in diversen Foren und YouTube-Videos an die S1000RR geraten. Tolles Motorrad, aber sicher nichts für mich. Trotzdem konnte ich es nicht lassen und habe bei YouTube, eBay, Kleinanzeigen.de, und mobile.de immer wieder heimlich (vor mir selbst) „S1000RR im Umkreis von 50 km“ eingegeben. Vergangenen Mittwochabend, ich war noch bei der Arbeit (an diesem Tag als Fluglehrer im Simulator, da hat man nicht viel zu tun, wenn die Schüler ordentlich performen), habe ich eine gesehen, die mir geeignet für eine Probefahrt erschien. Eigentlich wollte ich ja nur mal mit einer fahren. Testen, wie sich das anfühlt. Im Verleih habe ich keine gefunden, also musste ich irgendwo eine Probefahrt schnorren. Die war von 2014, weniger als 30.000 km, von einem Händler mit der üblichen Gebrauchtfahrzeuggarantie, hübsches Farbschema (schwarz, weiß und rot - meine langjährige F650 ist schwarz und rot) und im passenden Umkreis. Abends noch eine E-Mail geschrieben, ob ich am nächsten Vormittag vorbeikommen kann - morgens musste ich noch arbeiten, und ziemlich schnell eine freundliche Antwort bekommen. Die Probefahrt ist aber nur möglich, wenn die Straße trocken ist, hieß es.
Am Donnerstag bin ich dann um 6:45 bei 3°C und im dichten Nebel mit der F650 erst zur Arbeit gefahren. Mit dem Motorrad, damit ich gleich passend angezogen für die Probefahrt erscheine
Ohne Navi bin ich dann zu dem Händler gefahren, mit auswendig gelernter Route von Google Maps. Habe ihn gleich gefunden und war sogar pünktlich. Da bin ich immer noch stolz drauf, sowas habe ich lange nicht mehr gemacht. Die „Doppel R“ stand schon mit rotem Kennzeichen bereit. „Wie klein die ist!“ war mein erster Gedanke nach 30 Jahren Funduro. Wobei „niedrig“ eher gepasst hätte. Ich wurde freundlich, aber skeptisch empfangen. „Das ist aber was ganz anderes als Du fährst!“ war die Begrüssung, sinngemäß. Er hat sich dann aber viel Mühe und Zeit mir genommen, mir die völlig andere Sitzposition (ich reite schon seit meiner Jugend und die beste Analogie ist, dass die F650 Dressurreiten ist, mit aufrechtem Körper und lang gestrecktem Bein, während die S1000RR Springreiten oder Rennreiten ist, mit kurzen Steigbügeln und vorgeneigtem Oberkörper, immer halb aus dem Sattel - zum Glück bin ich mit beidem gut vertraut) zu erklären, hat mir ein paar Schalter und Funktionen gezeigt - selbstverständlich habe ich mir, berufsbedingt, am Abend vorher die Anleitung heruntergeladen und gelesen, anstatt zu schlafen, was ich vor Aufregung sowieso nicht konnte - und dann das Hallentor aufgemacht.
Bevor ich losfuhr, hat er mir noch eine Strecke für die Probefahrt erklärt, bei der ich in den 20 vorgesehenen Minuten viele Arten von Straße habe, von Stadtverkehr mit Tempo 30 und Kreisverkehren bis zur kurvigen Landstraße. Trotz über 30 Jahren Motorraderfahrung hat mein Herz bis zum Hals gepocht, als ich auf die Hauptstraße abgebogen bin. Die ersten paar hundert Meter waren noch ein Eierlauf zwischen den Druckpunkten von Kupplung und Bremse, der völlig anderen Gasannahme im Vergleich zu meiner F650 und dem vergleichsweise eingeschränkten Lenkerweg. Beim ersten Kreisverkehr hatte ich noch nicht die Kapazität, den Blinker zu betätigen, beim zweiten ging das dann schon, und nach Passieren des Ortsschildes hat mich der Gedanke „vielleicht können wir Freunde werden“ erfüllt. Danach kamen die 15 interessantesten Minuten meiner fahrerischen Karriere (und ich hatte auch schon ein ziemlich gut motorisiertes Auto und war auch schon bei der „Porsche Experience“ in Hockenheim). Unglaublich, überwältigend. Um die Kurven wie auf Schienen, Beschleunigung in jedem Gang, Bremsen in jeder Situation, und die angeblich so schwierige Sitzposition war perfekt. Wie über dem Motorrad statt auf dem Motorrad, wie ich es vorher gewohnt war. Das alles ist für langjährige Supersportlerfahrerinnen und -fahrer sicher selbstverständlich, für mich war es neu, neu, neu - nach 30 Jahren Motorrad.
Der Fahrmodus war „Rain“, also mit gedrosselter Leistung, und ich glaube nicht, dass ich mehr als 7.000 Umdrehungen oder 140 km/h auf den Instrumenten gesehen habe (ich habe schließlich dafür unterschrieben, dass ich bei der Probefahrt keine Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten begehen werde
) und trotzdem waren diese 20 Minuten eine einzige Offenbarung. Ich habe beim Händler das Motorrad in die Halle geschoben und abgestellt und er hat sich dafür bedankt, sein Gesichtsausdruck hat aber „schade, dass das nichts für Dich war, vielleicht passt eines von unseren anderen Bikes besser!“ gesagt. Ich habe nur gesagt: „Wo muss ich unterschreiben?“ Nach dem letzten Kreisverkehr waren die Doppel R und ich uns einig, dass wir Freunde fürs Leben (das hoffentlich noch lange währt) werden wollen. Da haben sich zwei gefunden, die zusammen passen.
Jetzt zähle ich die Tage, denn bei unserer Zulassungsstelle habe ich erst einen Anmeldetermin für den 27. Oktober bekommen. Alles, was ich erledigen kann, habe ich erledigt, die Versicherung ist abgeschlossen (erstaunlich günstig, dank meiner Schadenfreiheitsklasse, ich hatte da schlimmeres erwartet bei fast 200PS), das Nummernschild habe ich schon, und meiner Frau habe ich auch schon gebeichtet, was ich getan habe. Sie ist trotzdem noch da.
Ich hoffe, dass am 28. Oktober kein Katastrophenwetter ist - bei strömenden Regen werde ich mir der S1000RR nicht fahren, anders als mit meiner F650, der sowas egal ist - damit ich sie abholen kann. Das sind 10 schlaflose Nächte, die noch vor mir liegen
Und dann gehöre ich hier zum Club.
So, das war eine ausführliche Vorstellung, aber es soll auch für lange sein. Die 31 Jahre wie mit meiner 650er werde ich aus biologischen Gründen wahrscheinlich nicht mehr schaffen, aber 10 tolle Jahre wären auch schon was.
Viele Grüße
Max
PS: Eine der YouTuberinnen, die mich für der S1000RR begeistern konnten, ist „TWAAP“. Ehre, wem Ehre gebührt!
mein Name ist Maximilian und in zehn Tagen kann ich meine 2014er S1000RR abholen. Insofern gehöre ich noch nicht ganz dazu, aber die Vorfreude ist größer als jemals an Weihnachten

Mein Zweiradhintergrund ist dieser: Mit 14 oder 15, wir haben damals in Italien gelebt, hatte ich ein 50er-Mokick, das man damals ab 14 ohne Führerschein oder sonstige Auflagen fahren durfte. Mit 16 hätte man 125er fahren dürfen, aber dagegen habe meine Eltern ihr Veto eingelegt. Ich kam dann nach Deutschland zurück und hatte anderes zu tun als Motorrad zu fahren, meinen italienischen Motorradführerschein habe ich verfallen lassen und nur den Autoteil umgeschrieben. Mit ungefähr 30 habe ich dann, getrieben von der Parkplatznot in Stuttgart West, wo wir damals lebten, doch noch den Motorradführerschein gemacht. Mit dem Ziel, anschließend einen ordentlich motorisierten Roller, 250er oder so („Honda Helix“ war einer von denen, die ich mir vorstellen konnte), zu kaufen, um damit zur Arbeit zu fahren ohne bei der Rückkehr 20 Minuten um den Block fahren zu müssen, um einen Parkplatz zu finden.
In der Fahrschule fuhr ich dann eine 500er oder 600er Suzuki und der Roller war schnell vergessen. Wenn, dann schon ein Motorrad. Weil ich ursprünglich aus Bayern komme, hat der Name dieses Landes für mich keine abschreckende Wirkung, weswegen ich mir eine BMW 650 „Funduro“ gekauft habe. Als Alltagsmotorrad, zur Arbeit, zum Sport, aus Freude am Fahren. Die ist inzwischen 31 und hat mit mir fast 150.000 km absolviert und ich habe sie immer noch. Und fahre sie immer noch. Gerne sogar. In den letzten zwei Jahren weniger, weil wir da ein Elektroauto gekauft haben, was zur Hälfte der Kosten der F650 fährt. Motorradfahren ist seit damals leider ein teurer Luxus geworden, den man vor sich selbst, ich zumindest, irgendwie rechtfertigen muss.
Aus eher zufälligen Gründen habe ich mich seit ein paar Monaten wieder intensiver mit dem Thema Motorrad beschäftigt und bin in diversen Foren und YouTube-Videos an die S1000RR geraten. Tolles Motorrad, aber sicher nichts für mich. Trotzdem konnte ich es nicht lassen und habe bei YouTube, eBay, Kleinanzeigen.de, und mobile.de immer wieder heimlich (vor mir selbst) „S1000RR im Umkreis von 50 km“ eingegeben. Vergangenen Mittwochabend, ich war noch bei der Arbeit (an diesem Tag als Fluglehrer im Simulator, da hat man nicht viel zu tun, wenn die Schüler ordentlich performen), habe ich eine gesehen, die mir geeignet für eine Probefahrt erschien. Eigentlich wollte ich ja nur mal mit einer fahren. Testen, wie sich das anfühlt. Im Verleih habe ich keine gefunden, also musste ich irgendwo eine Probefahrt schnorren. Die war von 2014, weniger als 30.000 km, von einem Händler mit der üblichen Gebrauchtfahrzeuggarantie, hübsches Farbschema (schwarz, weiß und rot - meine langjährige F650 ist schwarz und rot) und im passenden Umkreis. Abends noch eine E-Mail geschrieben, ob ich am nächsten Vormittag vorbeikommen kann - morgens musste ich noch arbeiten, und ziemlich schnell eine freundliche Antwort bekommen. Die Probefahrt ist aber nur möglich, wenn die Straße trocken ist, hieß es.
Am Donnerstag bin ich dann um 6:45 bei 3°C und im dichten Nebel mit der F650 erst zur Arbeit gefahren. Mit dem Motorrad, damit ich gleich passend angezogen für die Probefahrt erscheine

Bevor ich losfuhr, hat er mir noch eine Strecke für die Probefahrt erklärt, bei der ich in den 20 vorgesehenen Minuten viele Arten von Straße habe, von Stadtverkehr mit Tempo 30 und Kreisverkehren bis zur kurvigen Landstraße. Trotz über 30 Jahren Motorraderfahrung hat mein Herz bis zum Hals gepocht, als ich auf die Hauptstraße abgebogen bin. Die ersten paar hundert Meter waren noch ein Eierlauf zwischen den Druckpunkten von Kupplung und Bremse, der völlig anderen Gasannahme im Vergleich zu meiner F650 und dem vergleichsweise eingeschränkten Lenkerweg. Beim ersten Kreisverkehr hatte ich noch nicht die Kapazität, den Blinker zu betätigen, beim zweiten ging das dann schon, und nach Passieren des Ortsschildes hat mich der Gedanke „vielleicht können wir Freunde werden“ erfüllt. Danach kamen die 15 interessantesten Minuten meiner fahrerischen Karriere (und ich hatte auch schon ein ziemlich gut motorisiertes Auto und war auch schon bei der „Porsche Experience“ in Hockenheim). Unglaublich, überwältigend. Um die Kurven wie auf Schienen, Beschleunigung in jedem Gang, Bremsen in jeder Situation, und die angeblich so schwierige Sitzposition war perfekt. Wie über dem Motorrad statt auf dem Motorrad, wie ich es vorher gewohnt war. Das alles ist für langjährige Supersportlerfahrerinnen und -fahrer sicher selbstverständlich, für mich war es neu, neu, neu - nach 30 Jahren Motorrad.
Der Fahrmodus war „Rain“, also mit gedrosselter Leistung, und ich glaube nicht, dass ich mehr als 7.000 Umdrehungen oder 140 km/h auf den Instrumenten gesehen habe (ich habe schließlich dafür unterschrieben, dass ich bei der Probefahrt keine Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten begehen werde

Jetzt zähle ich die Tage, denn bei unserer Zulassungsstelle habe ich erst einen Anmeldetermin für den 27. Oktober bekommen. Alles, was ich erledigen kann, habe ich erledigt, die Versicherung ist abgeschlossen (erstaunlich günstig, dank meiner Schadenfreiheitsklasse, ich hatte da schlimmeres erwartet bei fast 200PS), das Nummernschild habe ich schon, und meiner Frau habe ich auch schon gebeichtet, was ich getan habe. Sie ist trotzdem noch da.
Ich hoffe, dass am 28. Oktober kein Katastrophenwetter ist - bei strömenden Regen werde ich mir der S1000RR nicht fahren, anders als mit meiner F650, der sowas egal ist - damit ich sie abholen kann. Das sind 10 schlaflose Nächte, die noch vor mir liegen

Und dann gehöre ich hier zum Club.
So, das war eine ausführliche Vorstellung, aber es soll auch für lange sein. Die 31 Jahre wie mit meiner 650er werde ich aus biologischen Gründen wahrscheinlich nicht mehr schaffen, aber 10 tolle Jahre wären auch schon was.
Viele Grüße
Max
PS: Eine der YouTuberinnen, die mich für der S1000RR begeistern konnten, ist „TWAAP“. Ehre, wem Ehre gebührt!