Ich gehe mal davon aus, dass sich sicherlich 95% aller Motorradfahrer Gedanken machen, wie sie besser, sicherer, entspannter oder eben auch schneller Motorrad fahren können, je nachdem wo man seinen persönlichen Schwerpunkt legt. Ich habe auch schon verschiedene Kurse absolviert, ich war bei der Motorcycle Safety Foundation in den USA, beim ADAC, im BMW Fahrsicherheitszentrum am Flughafen München und habe Rennstrecken-Rookie-Schulen bei Ed Bargy in den USA und hier bei Plüss Motorsport gemacht. Gerade deshalb lohnt es sich, über einen Erfahrungsbericht mal den Vergleich zu ziehen.
Der Internetauftritt der California Superbike School ("CSS") http://www.superbikeschool.co.uk/index.php?lang=DE liefert einen recht guten Überblick über die Inhalte. Die Seite wird auch in deutscher Sprache gerade aufgebaut, teilweise sind die Inhalte schon hinterlegt. Das Kursprogramm basiert auf der Arbeit von Keith Code und ist in die vier Stufen ("Levels") aufgebaut. Jeder Level wird an einem ganzen Tag absolviert und ist Voraussetzung für die nachfolgenden Stufen, da die späteren Übungen auf den vorherigen aufbauen. Ich habe damit jetzt die Levels 1 und 2 absolviert. Die Kurse finden primär auf Rennstrecken statt, idealerweise auf kürzeren Strecken, die übersichtlich sind und durch die kürzeren Rundenzeiten eine hohe Wiederholungszahl und damit ein besseres Lernergebnis erlauben. So ist man in Silverstone z.B. auf dem Stowe-Kurs im Infield der Grand-Prix Strecke, da letztere schon wieder recht lang wäre. Die kürzere Indy-Variante von Brands Hatch eignet sich damit perfekt und ist auch ein sehr, sehr klangvoller Name für jeden, der sich auch nur ein wenig mit Motorsport beschäftigt.
Die Kurse beginnen zeitig in Früh mit einer Anmeldung und der Einteilung in drei Gruppen. Diese sind jeweils auf nur 21 Personen begrenzt, so dass man ganz sicher nicht von einer Massenabfertigung oder einem typischen Renntraining sprechen kann, aber dazu später mehr. Die drei Gruppen sind dann wie bei einem Rennstreckentraining abwechselnd auf der Strecke, für die Teilnehmer gibt es damit die sich den ganz Tag über immer wiederholenden drei Zeitfenster Theorie im Kursraum, Fahren auf der Strecke und freie Erholungszeit.
In den Theorieblöcken wird immer ein Problem beim Motorradfahren angesprochen, die Ursache hergeleitet und die Lösung anhand einer Fahrübung präsentiert, die man dann im nächsten Praxisblock auf der Strecke trainiert. Ich hatte an den beiden Tagen zwei unterschiedliche Trainer, die die Theorie vermittelt haben und beide waren sehr gut. In Spa hat jemand zu mir gesagt, dass der Instruktor zwar den Einlenkpunkt für eine bestimmte Kurve zeigen kann, das aber wenig bringt, wenn man nicht versteht, warum dieser Punkt genau dort ist, weil man das dann nicht auf eine andere Kurve einer anderen Strecke oder auf seine Landstraßenrunde übertragen kann, um auch dort den richtigen Einlenkpunkt herzuleiten.
Ich habe bisher aus jedem Kurs irgendwas mitgenommen und keiner davon war eine Zeitverschwendung. Allerdings habe ich noch keinen Kurs erlebt, der die Inhalte so klar strukturiert, systematisch, nachvollziehbar und praxisnah vermittelt hat, wie CSS und das in geballter Form einen ganzen Tag lang und das noch dazu mit einer gleichbleibend hohen Qualität, egal welche Person man gerade vor sich hatte.
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Die Theorie ist sicherlich ein wichtiger Aspekt, mindestens ebenso wichtig ist aber die Praxis und da hebt sich CSS meiner Meinung am meisten ab. Durch die Begrenzung auf eine relativ kleine Teilnehmerzahl entsteht ein Verhältnis von Trainer zu Teilnehmer von teilweise 1:2 oder 1:3, am zweiten Tag hatte ich sogar eine Einzelbetreuung. In den Praxiseinheiten fährt das Teilnehmerfeld raus wie bei einem Renntraining, dann darf aber prinzipiell jeder sein eigenes Tempo fahren. Der Trainer hängt sich dann hinten dran und beobachtet wie man seine Übungen durchführt. Dann überholt er und zeigt Optimierungspotenzial mit präzisen und vorher besprochenen Handzeichen. Nach etwa einer Runde wird man dann wieder vorbeigewunken und der Trainer analysiert wieder. Alternativ wird man auch von ihm kurz in die Boxengasse gewunken, wenn Gesprächsbedarf besteht. Nach der Praxis und der Rückkehr in die Box folgt immer ein Feedbackgespräch. Die analytischen Fähigkeiten der Trainer haben mich von allem am meisten beeindruckt. Man kennt ja seine Stärken und Schwächen und es ist unglaublich, wie punktgenau genau die Schwächen angesprochen werden und konstruktiv Lösungsmöglichkeiten vermittelt werden.
![Bild](http://www.mschoeps.com/data/forum/s1000rr/css_02_yy1y9236.jpg)
Die geringer Teilnehmerzahl pro Trainer ist der Schlüssel, viel mitnehmen zu können, denn nur wenn der Trainer auch Zeit hat, genau hinzuschauen, kann er auch die entsprechende Rückmeldung geben. Der andere Punkt war für mich die Freiheit, auf der Rennstrecke mein eigenes Tempo fahren zu können. Das ist beim ADAC Training z.B. durchaus frustrierend, wenn man da hinter jemandem einsortiert wird, der erst zwei Wochen den Führerschein hat und man nicht vorbei darf. CSS legt größten Wert auf Sicherheit und hat mehrfach darauf hingewiesen, dass nicht in die Kurve überholt werden darf (also kein Ausbremsen in die Kurve rein), sondern nur durch Ausbeschleunigen aus der Kurve heraus oder eben durch höhere Geschwindigkeit auf der Geraden. Ansonsten hat man die Freiheit, seine Geschwindigkeit selbst zu bestimmen. Da es mir primär um die Verbesserung meiner Rundenzeit auf der Rennstrecke geht, war ich relativ flott unterwegs und hatte auf der tollen Strecke in Brands Hatch dabei auch richtig Spaß. Es waren Leute dabei, die ich alle drei Runden überrundet habe, aber "so what"? Jeder hat sein eigenes Tempo gewählt und viel gelernt.
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Das ist auch genau der Punkt, warum CSS auch für Leute geeignet ist, die auf der Rennstrecke in der schnellsten Gruppe fahren, sich aber auch noch systematisch steigern wollen. Bei den Trainern sind auch welche dabei, die seit vielen Jahren aktiv Rennen fahren, so dass man sich keine Sorgen machen braucht, dass da keiner mehr hinterher kommt und man nichts lernen kann. Im Gegenteil! Dass man diese Spreizung vom Fahranfänger bis zum ambitionierten Hobbyrennfahrer so hinbekommt, ist schon ein gewisser Geniestreich des Programms.
Wobei Hobbyrennfahrer auch nur die halbe Wahrheit ist - am Rande der zwei Tage habe ich z.B. erfahren, dass ein Top 15 Fahrer der Moto2 CSS kurz zuvor gebucht hat, um ihm per Einzelcoaching bei seinem Fahrstil zu helfen. Und nein, Sandro Cortese war es nicht...
![Winken ;-)](./images/smilies/icon_wink.gif)
CSS Kurse gibt es neben den USA und England bereits in vielen Ländern wie Australien oder Südafrika. Im deutschsprachigen Raum leider noch nicht, wobei alleine schon die Historie von Orten wie Silverstone oder Brands Hatch eine Reise wert ist. Man überlegt wohl, ob auch mal Programme auf dem europäischen Festland angeboten werden, bis es soweit ist, kann man allerdings auch für 50 Euro mit Easy Jet oder Ryanair nach England fliegen und den Kurs auf einer Leih-Ducati absolvieren. Beide Panigales und die 1200 Monster kann man mieten und auch das Scheuchen der Panigale 899 über die Rennstrecke hat Spaß gemacht.
![Bild](http://www.mschoeps.com/data/forum/s1000rr/css_04_yy1y8878.jpg)
Ich kann nur jedem empfehlen, sich das mal anzuschauen. Nicht weil ich von CSS dafür irgendeinen Cent bekommen würde, sondern weil mich die zwei Tage in jeder Hinsicht absolut überzeugt haben. Nachteil ist sicherlich, dass das Programm nicht ganz preiswert ist, gerade wenn man sich noch die Ducati dazu mietet. Wenn man aber hier liest, für welche Zubehörsachen teilweise vierstellige Beträge ausgegeben werden, dann ist CSS auf jeden Fall jeden Cent wert - und teilweise sogar günstiger, als Kurse mit Einzelinstruktion bei anderen Anbietern.