Da kann ich mir nach langer Abstinenz und derzeitiger Sa-aber-Arbeitsunlust-am-Rechner einen weiterem Beitrag im Forum doch nicht verkneifen, nachdem ich mich angesichts dieses Threads selbst ein wenig belesen habe:
Wenn die Rede über "Schräglage" bzw. ihre Anzeige irgend einen Sinn macht, dann wohl für die Beantwortung der Frage, wieviel des Potentials des physikalisch-fahrtechnisch möglichen Vmax an der betreffenden kurvigen Fahrstrecke der Fahrer ausgeschöpft (und wieviel Können und cojones es damit gezeigt) hat.
Freilich: Es sind auch durchaus Schräglagen von jedenfalls nahe an 90 Grad (gegenüber dem Horizont (!))
ohne Sturz nicht nur denkbar, sondern im Zweirad-Motorsport sogar gängig (vgl. nur
http://www.motorradonline.de/news/extreme-schraeglagen-im-motorrad-rennsport.406917.html)! Wenn man wie Marquez fahren kann, mag man auch als Nicht-Motocrosser und auf ungefähr ebener Fahrbahn sogar kurz einen Ausflug zu - mehr rutschenden als fahrenden - 68 Grad unternehmen und dann doch weiterfahren (vgl. dazu nur anschaulich das unter
http://www.cbcity.de/schraeglage-bei-einem-motorrad verlinkte Video mit Marquez in action; der Link ist auch im Übrigen zum Thema ein guter Einstieg). Klar: Überhöhte Kurven fühlen sich schon "heroisch" an, auch wenn man noch deutlich von der Grenze entfernt ist (Beispiel: Omega- und VW-Kurve Sachsenring; Thema: Gefühlte Beschleunigung) und ermöglichen "irre" Schräglagen (gemessen am Horizont); die fahrdynamisch größere Herausforderung sind insofern aber eher nach außen abfallende Kurven....
Aussagekräftig wird die Anzeige nur, wenn man den Haftreibungskoeffizienten der verwendeten Reifen (bzw. streng genommen: der verwendeten Paarung Reifen/Asphalt der betreffenden Strecke) kennt
und - eben: genau so wichtig - das Maß der Überhöhung der Kurve an der betreffenden Stelle (vgl. dazu nur allgemein
https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cberh%C3%B6hung, zu Berechnungsbeispielen
http://physikunterricht-online.de/jahrgang-10/kurvenfahrten-zentripetalkraft/).
Ergo:
Für diejenigen, denen es bei der Schräglagenanzeige um posing geht: Rein in überhöhte Kurven, rauf auf die Steilbahn, ein paar schnelle Runden (und das satte Einfedern des Fahrwerks und des Mageninhalts) genießen (vgl. die Beschreibung des Kawasaki-H2-Vmax-Tests in der MOTORRAD vor einiger Zeit)!
Für die, denen es um ein Hilfsmittel für den Grenzbereich in Kurven (Thema: "Habe leider keinen guten Popometer!") geht, ist der Schläglagensensor eher trügerisch-gefährlich: Als
allgemeinen Anhaltspunkt dafür, "was geht", kann man ihn nur bei komplett "ebenen Verhältnissen" nehmen (und für bestimmte Reifen (in bestimmter "Verfassung" (Druck/Temperatur etc.) an einer bestimmten Strecke). Nur: Wo hat man die jemals? Wenn ich es richtig sehe, zeichnen sich alle wirklich spannenderen Strecken durch wechselnde Verhältnisse (bis in den Verlauf der Kurve hinein (!)) aus, gerade auch was die Querneigung der Fahrbahn angeht und selbst Flachlandübungsstrecken sind nicht überall topfeben (; vielleicht der Spreewaldring?).
Könnte das der Grund sein, warum viele der "Wissenschaftler" unter den Fahrern gerade andere Strecken lieben: Die, auf denen wechselhafte Verhältnisse (Radien, Gefälle und Querneigung, Unübersichtlichkeit) prägend sind, fast wie auf der Straße auf spannenden Gebirgsstrecken (Nordschleife, Bilster Berg, ein bischen auch Sachsenring....)??
Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird (C. Morgenstern)