von Serpel » 14.08.2016, 07:38
Die haben einfach ein bisschen zu viel drauf geschmiert, das ist alles. Den nicht abgeschleuderten Rest hätte ich auf jeden Fall drauf gelassen, noch dazu, wo der überschüssige Teil größtenteils ohnehin bereits abgeschleudert war.
Mit Kettenschmierung und -pflege macht ohnehin jeder seine ganz persönlichen Erfahrungen. Der eine nimmt möglichst zähes Kettenfett, das garantiert nicht abgeschleudert wird, der andere installiert einen Kettenöler, der für Permanentschmierung sorgt, der dritte schwört auf unsichtbare Trockenschmierung, deren Wirksamkeit homöopathischer Medizin gleichkommt, der vierte nimmt's mit der Pflege nicht so genau und wechselt halt (etwas früher), wenn die Kette durch ist.
Mein Erklärungsansatz:
Eine moderne Dichtringkette besteht aus Bolzen, Hülse, Rolle, (Innen- und Außen-) Lasche und eben den Dichtringen, die die Dauerfettfüllung zwischen Bolzen und Hülse halten. So lange die Dauerfettfüllung intakt - also noch vorhanden - ist, tritt kaum Verschleiß auf und die Kette längt sich kaum. Sobald einzelne Glieder die Füllung verloren haben und trocken laufen, beginnt der eigentliche Verschleiß, die Kette längt sich (ungleichmäßig), verfärbt sich rot (wie bei den Lachsen, die kurz danach sterben) und die Glieder beginnen zu verbacken. Und wie bei den Lachsen ist auch die Kette kurz danach hinüber. Der Verschleiß, der zwischen anderen Teilen der Kette auftritt - etwa zwischen Rollen und Hülse - ist demgegenüber vernachlässigbar und somit nicht relevant, wenn es um die Lebensdauer der Kette geht.
Der eigentliche Hintergrund der Kettenpflege muss es demnach sein, die Dichtringe zu pflegen, damit sie ihrer Aufgabe, die Dauerfettfüllung zwischen Bolzen und Hülse zu halten, möglichst lange und zuverlässig nachkommen können. Mit Kettenspray hab ich diesbezüglich eher schlechte Erfahrungen gemacht. Aus Sorge, das ganze Motorrad einzusauen, richtet man den Strahl beim Sprühen hauptsächlich auf die Rollen und vergisst die Dichtringe. Noch dazu ist zweifelhaft, ob dabei nicht ohnehin nur die leicht flüchtigen Lösungsmittel im Spray zwischen Laschen und Dichtring kriechen und die eigentlichen Schmierstoffe draußen bleiben. Öl scheint mir für diesen Zweck das geeignetere Schmiermittel.
Bei meiner ersten RR hab ich die Kette nur mit Öl gepflegt und dabei insbesondere konsequent auf die Dichtringe geachtet. Laufleistung 44'000 km. Weil ich das in erster Linie der hervorragenden Qualität der Regina Erstausrüstungskette zugeschrieben habe, bin ich bei meiner zweiten RR nachlässig geworden und habe nur S100 Kettenspray verwendet. Ebenfalls konsequent und regelmäßig, aber die Kette (die gleiche Regina) ist nun bei 23'000 km hinüber. Bis etwa 20'000 km war Längung kein Thema, in letzter Zeit bin ich permanent am Nachspannen, die Kette verfärbt sich rot und Glieder verbacken.
Bei der nächsten Kette nehme ich wieder Öl.
Gruß
Serpel