Erfahrungsbericht Silverstone 2014Ich möchte mich dem Bericht von Markus (MSHPU) anschließen. Ich habe auch an den Kursen Level 1 und 2 der Superbikeschool teilgenommen, und zwar im April in diesem Jahr in Silverstone auf dem Stowe-Kurs (Infield des Grand-Prix Kurses).
Ich hatte bereits eine ganze Reihe von ADAC-Kursen/Sicherheitstrainings mit diversen Bremsübungen und Hütchenfahren absolviert, suchte aber nach einer Möglichkeit, meine Fahrtechnik und mein Verständnis für die Maschine zu verbessern.
Mehr durch Zufall bin ich bei LOUIS auf eine etwas verstaubte DVD von Keith Code (Gründer der Superbikeschool) und sein Buch „Der richtige Dreh“ Bd. 2 gestoßen. Nach Querlesen des Buches und anschließenden Internetrecherchen bin ich dann beim Kurs in Silverstone gelandet.
Als Wiedereinsteiger (20 Jahre Elternauszeit) wollte ich mich sicherer auf der Maschine fühlen, Verständnis für das Kurvenfahren entwickeln und wenn es endlich auch mit dem Knieschleifen klappt, umso besser.
Vorab: nach 2 Tagen Kurs bist du platt, aber glücklich. Mehr lernen geht nicht, dass muss erst sacken und auf der Straße oder Rennstrecke praktiziert werden! Die Schule bietet jeweils Tageskurse an: Level 1 bis 4. Ich habe Level 1+2 direkt hintereinander gemacht, weil mir die Anreise für nur einen Tag etwas zu aufwendig war.
An beiden Tagen war ich jeweils mit einem weiteren Schüler (1.ter Tag ebenfalls ein Wiedereinsteiger) und einem Trainer in einem „ 3er Team“ zusammen. Maschine und Bekleidung habe ich geliehen (zu umständlich im Flieger aus Deutschland mitzubringen). Die englische Schule fährt auf Ducati: habe 1x Monster und 1x Panigale geliehen. Insgesamt waren ca. 60 Schüler im Tageskurs. Das Publikum war international (Engländer, Franzosen, Spanier, Deutsche, Holländer). Vom Racer bis zum Tourenfahrer war alles vertreten. Kurssprache ist Englisch. Da die Schule in vielen Ländern aktiv ist, wird bei Bedarf ein Dolmetscher zur Verfügung gestellt. Sprache ist also nicht das Problem. Hände ( ) und Füße helfen übrigens bei der Verständigung auch prima.
Da sich die Kurse von der Theorie her an die Inhalte des Buches von Keith Code anlehnen, war für mich das vorherige Studium des Buches (querlesen reicht) ganz hilfreich, ist aber sicher kein Muss. Wer aber grundsätzlich verstehen will, „wie die Schule tickt“ der sollte das Buch bzw. die Bücher (Bd. 1+2) vorher lesen. Zwar sind die Bilder etwas veraltet und vom Layout ist der Lack ab, aber die Inhalte sind absolut aktuell.
Am 1.ten Tag war es morgens nass, war aber kein Problem. Wie Markus ja bereits in seinem Bericht geschrieben hat, kann jeder auf der Strecke sein eigenes Tempo fahren und auch andere bei Bedarf überholen. Wer „racen“ will, kann das tun, aber es geht ja um das Abarbeiten von Übungen, da ist das Tempo erst mal zweitrangig.
Jedes Level (also jeweils 1 Tag) besteht aus 5 sogenannten drills, d.h. in sich abgeschlossenen Übungen. Eine Übung besteht aus 4 Elementen: 20 Min. Theorie (Klassenraum), 20 Min. Fahren (umsetzen der Theorie), ca. 10 Min. Einzelbesprechung mit dem Coach und 20 Min. Ruhephase im Erholungsraum. Morgens um 8.00 Uhr geht’s los und endet ca. 17.30 Uhr. Langes Vorstellen der Teilnehmer morgens entfällt. Nur kurzes Briefing. Dein Coach, der dann den ganzen Tag mit dir zusammenarbeitet, stellt sich dir kurz vor und stellt ein paar Eingangsfragen, dann geht’s sofort los.
Hier als Beispiel die Übungen von Level 1:
Throttle Control (Kontrolle des Gasgriffes)
Turn points (Einlenkpunkte)
Quick Turning (schnelle Einlenktechnik)
Rider Input (Einwirktechniken des Fahrers auf die Maschine)
Two-Step Turning (2-Stufen-Technik für das Kurvenfahren)
Die visual skills, zu denen natürlich auch die Blickführung gehört, werden in Level 2 trainiert.
Weitere Infos/Beispiele findet man auch auf Youtube im Internet:
http://www.youtube.com/watch?v=2YIOxOaaVPE; http://www.youtube.com/playlist?list=PLDC100A21BDA1782Chttp://www.youtube.com/watch?v=rLEyXAft ... 21BDA1782Chttp://www.youtube.com/watch?v=Wx3uft5Ry4IDie Coaches sind sehr qualifiziert. Alle durchlaufen lange Ausbildungen bevor sie eingesetzt werden. Dein dir zugeteilter Trainer fährt während einer Übung entweder vor dir und zeigt dir, was du machen sollst oder fährt hinter dir und beobachtet dich. Hier liegt der Fokus der Trainer: genau zu sehen, was du tust und was man daran verbessern kann. Da die Trainer z.T. selber Rennfahrer sind, habe ich es nicht erlebt, dass ein Schüler seinem Trainer „abgehauen“ ist. Nach Ende jeder Übung wird sofort mit dem Schüler im Einzelgespräch die Übung analysiert und exakt besprochen: wie ist man klargekommen, was war gut, wo ist Verbesserungsbedarf. Gefahren wird übrigens in der Regel auf relativ kleinen Kursen/Rennstrecken mit vielen Kurven, damit der Schüler möglichst viel die einzelnen Übungen trainiert und nicht nur über die Piste heizt. Da ist auch ein Unterschied zu Trackday-Veranstaltungen (zumindest an denen ich teilgenommen habe) auf den großen Rennstrecken, die ja alle auch Einzeltrainings, Rennstreckentraining mit Instruktor, Videotraining usw. angeboten haben. Gelehrt wird nicht heizen und Ideallinie fahren, sondern immer nur einzelne Techniken, um insgesamt sicherer und natürlich schneller zu werden.
Fazit/Gesamteindruck-Nicht billig, aber gut investiertes Geld: 500€ Kursgebühr pro Tag, plus Hotel und Anreise (Ryanair 60€). Bei mir kam noch eine Leihmaschine (220€/Tag) und Bekleidung komplett (40€) dazu. Ich bin per Flieger nur mit Köfferchen angereist. Viele reisen auch mit eigener Maschine und Wohnmobil oder Zelt an, dann wird’s erheblich billiger.
-Instruktoren/Schüler-Verhältnis: 1:2 oder 1:3
-Immer sehr viel Platz auf der Strecke: nicht mehr als 20 Teilnehmer (plus ca. 10 Coaches) gleichzeitig auf der Strecke
-Permanente strikte Kontrolle, dass die Sicherheitsregeln auf der Strecke eingehalten werden: kein einziger Unfall in den 2 Tagen (ich wurde einmal rausgewunken und freundlich ermahnt, weil ich zu knapp überholt hatte)
Der Tag ist hart, das Personal extrem freundlich und hilfsbereit, geübt wird ohne Druck aber mit Konsequenz. Die Atmosphäre ist sehr relaxt. Wer will, lernt viele nette Leute kennen, die Superbikeschool ist eine große Familie. Wer einmal Schüler war, kann immer wieder anrufen und bekommt direkte Hilfe von einem Coach, wenn er etwas „auf dem Herzen hat“.
Da die Schule in immer mehr Ländern aktiv wird, wird es vielleicht in 2015 auch was in Deutschland geben.